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Helmut Schmidt

Die Weisheit kommt nicht vor den Jahren, sondern mit den Jahren (Martha Bochinski). Ein Spruch der auf jeden Fall auf Helmut Schmidt zutrifft. Zum Glück schien er schon mit einem recht hohen Niveau an Weisheit begonnen zu haben und hatte dann viele Jahrzehnte Zeit diesen Vorsprung auszubauen.

Bei den vielen Interviews die er zeitlebens gab, blieb mir eine Episode im Gedächtnis. Bei einem Besuch im Bundestag traf Herr Schmidt auf einen jungen Parlamentarier. Dieser war begeistert und stellte unter anderem die

Frage: „Sie sind eines meiner großen Vorbilder. Herr Schmidt, mich interessiert wie Ihr Karriereplan aussah, als Sie in den Bundestag gingen?“

Helmut Schmidt: „Ich wollte mich für die Ideale der Sozialdemokratie einsetzen und damit Deutschland voranzubringen.“

Junger Parlamentarier: „…“

Die Einstellung des unbekannten jungen Parlamentariers sehe ich als eines der Grundprobleme der deutschen Gesellschaft. Oder sogar aller gesättigten und ‚zivilisierten‘ Gesellschaften. Die Mehrheit hat keine Ideale (außer kurzsichtiger materieller Bereicherung) und wenn er/sie welche hat dann versteckt er/sie diese um sich bloß nicht angreifbar zu machen. Die Angst davor dass jede Äußerung sofort online auf mögliche Lücken abgeklopft wird und dann öffentlich in der Luft zerfetzt wird, führt sogar in der politischen Kaste dazu dass alles vorher durch mehrere Filter läuft um dann möglichst politisch korrekt und aalglatt zu sein. Selbst musikalisch hochbegabte aber wenig meinungsbildende Menschen wie die Sängerin Adele sagte im Interview mit dem ZEIT Magazin dass sie keinen Zugriff auf die eigenen Konten bei den sozialen Netzwerken hat. Damit sie bloß keine ehrliche oder emotionale Aussage veröffentlicht, die sie dann später bereut.

In Peter Thiel’s Buch ‚Zero to one‘ wird die Lage in Europa als ‚undefiniert pessimistisch‘ beschrieben (Die USA sind als ‚undefiniert optimistisch‘ eingeordnet). Anders ausgedrückt: ‚Es wird eh alles schlechter. Unseren Kindern wird es nicht so gut gehen wie uns. Aber solange es uns noch geht stecken wir unser Geld und unsere Anstrengung lieber in Genuß, Reisen und Feiern.‘

Leider verhindert diese negative Einstellung die Investition in waghalsig erscheinende und kühne Großprojekte und Innovationen. Gegen jedes dieser Vorhaben, sei es Bahnhof, Flughafen, Windkrafträder, Straßen, Häuser wird sich gestemmt und Protest erhoben. Wir klammern uns am Staus quo fest und hoffen dass es noch lange so bleibt wie es ist. Jede Veränderung der aktuellen Situation wird als Bedrohung gesehen.

Aus dem Markt für ‚Manager Ratgeber‘ gibt es viel Unsinn aber auch die ein oder andere Perle wie die folgende Aussage:

‚Es gibt nur 2 mögliche Entwicklungen. Es wird besser oder es wird schlechter. Es bleibt nicht gleich.‘

Schlechter wird es von alleine. Wenn es besser werden soll müssen wir etwas verändern. Das geht nur mit Idealen, Hoffnung für die Zukunft und Investitionen. Genau deshalb bin ich Chiropractor, verheiratet und habe 4 wunderbare Kinder.

Denkanstöße, Tipps und Übungen für den Alltag?