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Abstand

gewinnen, wahren, nehmen, halten

Schon zu Beginn der Pandemie hat mich der Begriff ‚Social Distancing‘ (Zwischenmenschlich auf Abstand bleiben), gewundert. Ich fand den Ausdruck ‚Spatial Distancing‘ (Räumlichen Abstand wahren) besser geeignet. Denn auch über die Distanz von 2 Metern können wir uns unterhalten und wahrnehmen. Um eine Virusverbreitung zu verhindern ist es nicht nötig unsozial zu werden.

Nahezu alle Verben die mit dem Wort Abstand kombiniert werden haben etwas Positives. Das will so gar nicht zu der Bedeutung passen die dieses Wort in 2020 bekommen hat. Abstand zu einer Situation zu gewinnen heißt auch sich einen Überblick zu verschaffen. Sich emotional heruaszunehmen. Die Lage objektiver zu bewerten.

Die Küste von England

Die scheinbar simple Frage ‚Wie lang ist die Küste von England‘ hat eine scheinbar einfache technische Lösung. Maßband nehmen und messen. Ergebnis: Ca. 12.500 km.

Die Antwort lautet aber: ‚Es kommt auf den Abstand an, aus dem ich messe!‘ Bin ich zu weit weg, wird die Messung zu ungenau. Bin ich aber zu nah dran, muss ich um jedes Sandkorn an einem sich ständig durch Wellengang verändernden Strand messen. Dann ist die Küste wahrscheinlich unendlich lang.

Das bedeutet wir müssen uns auf einen Abstand, eine Flughöhe oder eben eine Messmethode einigen an die sich alle halten die sich mit der Länge von Küsten beschäftigen. Erst dann kommt es zu einer Vergleichbarkeit der Werte. Nun ist die Länge einer Küstenlinie nicht so entscheidend für das Leben der meisten Menschen…

Fallzahlen, Testergebnisse, Anzahl der Verstorbenen und Genesenen, Prozentsatz positiver Tests, …

Im Falle der derzeit unser Leben bestimmenden Pandemie haben wir diese Einigung noch nicht erreicht. Es ist also noch nicht klar welcher Messwert, oder Kombination von Werten, uns klare Auskunft über das Geschehen gibt. Daher kommt auch viel der Verwirrung und der Kritik. Es ist an der Zeit einen internationalen Konsens zu erarbeiten was wir messen möchten und was dies bedeutet.

Um diese gemeinsame Basis zu etablieren ist es nötig verschiedene Fachmeinungen anzuhören. Abweichende Interpretationen, die vernünftig argumentiert und vorgetragen werden, dürfen nicht als ‚Desinformation‘ abgestempelt werden. Auch und gerade Wissenschaft lebt vom Diskurs, von der kontroversen aber sachlichen Diskussion. Selten aber sind die Ergebnisse dieser Diskussionen so direkt lebensbestimmend wie jetzt.

Abstände

Für die nahe Zukunft gilt daher; den Abstand zu den Mitmenschen gilt es zu wahren. Mindestens so lange und so weit bis die Wissenschaft und Politik den korrekten Abstand zu dem vorliegenden Problem gefunden hat um eine objektive und emotionsfreie Richtung vorzugeben.

Denkanstöße, Tipps und Übungen für den Alltag?