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Seit November 1994

Gesundheit als Beruf

Wenn ein Plan nicht aufgeht, ist das immer doof. Aber es bieten sich gleichzeitig oft neue Möglichkeiten, die vorher gar nicht auf diesem Plan standen.

So wie bei mir.

Die Zivi Stelle* auf die ich mich beworben und gehofft hatte, bekam ich nicht. Also umplanen. Das Rote Kreuz in Gifhorn hatte eine Menge Zivi Stellen. Ich dachte Rettungsdienst passt am besten zu mir. Also dort erfolgreich beworben und im November 1994 ging es los.

* Für alle jüngeren Leser: Zivildienst war mal eine wichtige Institution in Deutschland. Alle männlichen Bürger wurden aufgerufen entweder Wehr- oder Zivildienst zu leisten, wenn sie es konnten. Leider hat sich ein zum Glück längst vergessener Politiker profilieren wollen und diesen Dienst an der Gemeinschaft abgeschafft…

Die Königsdisziplin der Medizin

Die Versorgung akuter Notfälle ist die absolute Paradedisziplin der Schulmedizin. Keine andere Berufsgruppe im Heilwesen hat so viele Kenntnisse, Methoden, Medikamente, Apparate und Institutionen um die Entscheidung zwischen Leben und Tod in die richtige Richtung zu kippen. Ich konnte in meinen 1,5 Jahren als Rettungssanitäter einen recht tiefen Einblick in diesen Bereich der medizinischen Versorgung bekommen. Das ist bis heute sehr nützlich und prägt meine Einstellung zu Gesundheit und Zufriedenheit sehr stark.

Niemand, der bei klarem Verstand ist, möchte auf diese Dienstleistung verzichten.

Der Nachteil dieser Konzentration auf Notfälle liegt darin, dass alle anderen Zustände als Banalitäten abgetan werden, die der Aufmerksamkeit der langjährig studierten Krisenexperten nicht würdig sind. „Das soll ein Problem sein? Kommen Sie wieder wenn es richtig schlimm ist, dann schauen wir mal.“

Seit September 1996

Aus Sicht dieser Medizinergruppe habe ich mich seit diesem Datum wahrscheinlich auf den falschen Weg begeben. Denn nun kümmere ich mich um Menschen, die nicht akut lebensbedrohlich erkrankt sind. Dies sind die sogenannten ‚besorgten Gesunden‘.

Aber mein Argument, dass die Versorgung dieser Menschen extrem wichtig ist, geht eher in die Richtung der ‚Defund the Police‘ Kampagne in der Interpretation von Bernie Sanders und Noam Chomsky. Natürlich will niemand die Polizei abschaffen. Eher sollen die Kernkompetenzen der Polizei gestärkt werden. Sie soll nur die Aufgaben übernehmen, die sie gut können und gerne machen. So würde sich mittel- und langfristig die Arbeit der Polizei verbessern und die Vergabe von finanziellen Mitteln von selbst regulieren.

Dasselbe Beispiel kann auch für die Heilkunde als Ganzes gemacht werden.

Manch ein Kritiker des ‚pharmazeutisch-industriellen Komplexes‘ möchte die Schulmedizin ganz abschaffen. Aus den oben genannten Gründen ist das natürlich Schwachsinn. Wenn es aber mehr Chiropractoren und ähnlich denkende und arbeitende Spezialisten gäbe, die sich um Menschen kümmern, die gesund bleiben möchten, dann hätten Mediziner wieder viel mehr Zeit sich mit dem zu beschäftigen, was sie gerne machen; akute Notfälle und Krisen abwenden, Brüche fixieren, reanimieren, Blutverluste ausgleichen und stoppen, Geschädigte Gelenke und Organe austauschen, Gefäße erweitern, medikamentöse Versorgung der kleinen Gruppe der Chroniker organisieren usw.

Besser für Alle

Wenn die Organisation des Gesundheitswesens dahingehend verbessert wird, dass alle das bei den Menschen tun was sie am besten können und Menschen wissen, mit welchem Thema sie wen ansprechen müssen, profitieren alle davon. Und wenn ich nicht falsch liege, ist das ja das Ziel des Gesundheitswesens. Entspannte Heilberufler, gesunde Menschen, mehr Lebensfreude und Produktivität.

Ja, ich bin naiv und gutgläubig genug, um anzunehmen, dass wir das alles erreichen können. Tatsächlich waren die Möglichkeiten nie besser als jetzt…

Denn auch in der Krise gibt es drei Wege in die Zukunft:

An der Krise zugrundegehen.

Die Krise irgendwie durchstehen damit alles so Word wie vorher.

An der Krise wachsen und aus den eigenen Reaktionen auf die Krise lernen um bessere und resilientere Systeme wieder aufzubauen.

Denkanstöße, Tipps und Übungen für den Alltag?