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Warum werden die Gelenke eigentlich steif?

Für diesen Antwortversuch muss ich weit in die Evolution zurückgreifen. Unsere Sapiens Vorfahren haben sich über mehrere Hunderttausend Jahre hinweg an einen ständigen Lebensrhythmus angepasst:

Es gab kurze Phasen des Nahrungs-Überflusses und lange Phasen des relativen und absoluten Nahrungs-Mangels. Ohne Möglichkeiten der Nahrungsmittel Konservierung konnte und musste das gegessen werden, was gefangen oder gefunden wurde. Dieser Zyklus bestimmte das Leben und auch die Wanderungen der ‚Ur-Menschen’. 

Das bedeutet, dass sich der Körper über unzählige Generationen an diesen Wechsel angepasst hat. Dies gilt wohl insbesondere für Frühmenschen in Europa, die mit Jahreszeiten und sogar mit Eiszeiten zurechtkommen mussten. Um die langen Mangelphasen zu überstehen mussten:

  1. Schnell Fettreserven aufgebaut werden, wenn Nahrung im Überfluss vorhanden ist
  2. Ausgefeilte Mechanismen zum Energie sparen entwickelt werden.

Einer dieser Energie-Spar-Mechanismen ist es, Gewebe das viel Energie benötigt, wie Muskeln, eher runterzufahren oder gar abzubauen, wenn es nicht benötigt wird. 

Bis vor Kurzem war es natürlich keinem Menschen möglich, so wenig körperliche Arbeit für den Unterhalt des Lebens zu verrichten, wie heute. Durch diesen sehr unbewegten Alltag, sind die Muskeln absolut unterfordert. Zu keinem Zeitpunkt des normalen Arbeitstages ist es notwendig, den vollen Bewegungsumfang eines Gelenkes zu nutzen. Falls wir mal versuchen uns in irgendeine Richtung zu strecken, führt dies sogar häufig zum Krampf in der Muskulatur oder zu dem unangenehmen Gefühl, dass uns gleich ein Gelenk ‚rausspringt‘. Und so verkürzt unser Körper automatisch die Teile des Muskels, die sich schnell zusammenziehen und wieder entspannen können.

Daher ist eine These, dass ein über Jahrhunderttausende sinnvoller Energiespar Mechanismus, heutzutage dazu führt, dass die Gelenke vorzeitig steif werden.

Auf Zellebene wird diese Versteifung durch die veränderte Eiweißproduktion erzeugt. Unser Körper stellt ständig nach dem aktuellen Bedarf neue Eiweiße her. Kollagen, welches den Großteil unserer extrazellulären Matrix (Faszien)  ausmacht, ist auch ein Eiweiß. Die verschiedenen Varianten von Kollagen sind unterschiedlich flexibel und werden nach Bedarf ausgetauscht. Der Prozess läuft folgendermaßen ab:

  • Bewegungen erzeugen mechanische Kräfte im Gewebe. 
  • Diese Kräfte werden über das Zellskelett (wieder Eiweiße…) in die Zelle und den Zellkern weitergeleitet
  • Die Aktivierung bestimmter Reaktionsketten im Zellkern lässt die Zelle eine bestimmte Form Kollagen produzieren. Derzeit sind 28 verschiedene Kollagenarten im menschlichen Körper bekannt. Link zu Wikipedia

Ich hoffe, dass diese Beschreibung den Hinweis unterstreicht, dass ausreichende und vielseitige Bewegung über einen großen Bewegungsradius eine Grundvoraussetzung für Unabhängigkeit und eine hohe Lebensqualität ist. 

Denkanstöße, Tipps und Übungen für den Alltag?