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Das Seepferdchen und der Schmerz

Wir haben die Organisation des 10-jähriges Abitur Jubiläums kollektiv verschlafen. Denn jede/r war sich sicher, dass irgendwer anders bestimmt was organisiert. 2012, ein Jahr später, fand das Treffen in dem viel zu kleinen Café in der Gifhorner FuZo doch noch statt.

Bis zu diesem Abend behauptete ich mit voller Überzeugung, dass ich mit der Organisation oder Ausrichtung der Abi-Festivitäten vor elf Jahren nichts zu tun gehabt habe. Aber die Wand des Cafés, als provisorische Projektionsfläche genutzt, um das Video des Abistreichs in Endlosschleife abzuspielen, belehrte mich eines Besseren. 

Nahezu jedes Mal, wenn ich auf diese bewegten Bilder schaute, schien mein 20-jähriges Ich die Show zu moderieren. Ich kann bis heute nicht verstehen, was meine Erinnerung an diesen Tag so verzerrt hat. Aber diese Erfahrung hilft mir und meinen Patienten bis heute.

Das Gedächtnis ist die Grundlage aller höheren Funktionen des Menschen. Ohne unser Gedächtnis, würden wir haltlos durch die Welt driften, denn nichts ergäbe Sinn. Die Welt jeden Tag neu zu entdecken klingt romantisch, aber die Folgen von Demenz zeigen, dass jede Art von kulturellem oder gesellschaftlichen Vorankommen unmöglich wäre. 

Die Hirnforschung geht davon aus, dass das Gehirn der Sitz unserer Erinnerungen ist. In den Hippocampi, benannt nach seiner Seepferdchen-ähnlichen Form, treffen sich viele Reize aus unseren sechs Sinnen. Hier entscheidet sich, wie lange sich eine Erinnerung hält. Um aufnahmefähig zu bleiben, müssen zwei Vorgänge abgestimmt werden: Die Fähigkeit Ereignisse lange Zeit in der Großhirnrinde zu speichern und selektives Vergessen unwichtig gewordener Eindrücke. 

Dabei gilt ein wichtiges Prinzip: Reize, die Dein Gehirn regelmäßig registriert, formen Erinnerungen mit leicht abrufbaren Mustern und Reaktionen. So lernst Du die wichtigen Dinge des Lebens.

Die prägendsten Momente Deines Lebens, haben mit plötzlichen Veränderungen zu tun. Augen, Ohren, Nase, Mund und Haut feuern gleichzeitig heftige Signalsalven in den Hippocampus. Betreffen diese Vorgänge Deinen Körper, gehen sie oft mit Schmerzempfindungen einher. Dein Gehirn speichert diese schmerzhaften Situationen bevorzugt ab, mit dem Ziel, blitzschnell zu reagieren. So kannst Du in Zukunft der Ursache des Schmerzes schneller entkommen.

Gerade akuter Schmerz bildet besonders stabile Muster in Deinem Gehirn. Diese abgespeicherten Reaktionsmuster nennen wir das Schmerzgedächtnis. 

Bei der Erwähnung des Begriffs Schmerzgedächtnis durch einen Heilkundler, beginnt bei Dir das Kopfkino. „Oh nein! Der Schmerz ist dauerhaft im Kopf verdrahtet.“ 

„Ich habe chronische, also unheilbare Schmerzen.“

„Ich muss mich damit abfinden.“ 

Diese gedankliche Abwärtsspirale führt Dich zur Hoffnungslosigkeit und Passivität. Jedes Mal wenn Du den Schmerz wieder spürst, siehst Du Dich bestätigt.

Wie kann das Konzept ‚Schmerzgedächtnis’ noch interpretiert werden? Dein Gehirn merkt sich Reaktionen auf den Schmerz, aber nicht den Schmerz selbst. Besteht der Schmerzreiz über lange Zeit, schaltet Dein Gehirn schon bei leisen Anzeichen eines harmlosen Reizes das volle Reaktionsmuster an. Du verspannst, Dein Herz rast, Du atmest flach, Du machst Dir Sorgen. Genauso, als wäre der Schmerz wirklich da. 

Wenn diese Reaktionen lange aufrecht erhalten werden, bildet sich eine Rückkopplung im zentralen Nervensystem. Das Schmerzgedächtnis gräbt sich tiefer in die Strukturen Deines Gehirns ein. 

Trotzdem ist das Schmerzgedächtnis nicht für immer in Deinem Kopf. Wie ich auf der Abfeier erleben durfte, verschwinden selbst Erinnerungen aus dem Gedächtnis, die eigentlich bemerkenswert waren. Genau das Gleiche kann mit Deinem Schmerzgedächtnis geschehen. Wie geht das?

Du musst Dir Menschen suchen, die mit Dir an Deiner Gesundheit arbeiten werden. Du solltest Dich von einem schwarz/weiß-denken verabschieden. Du brauchst eine bessere und realistischere Erklärung Deiner Schmerzen. Chronisch heißt nur, die Schmerzen waren in der Vergangenheit bis jetzt präsent. Was in Zukunft geschieht bestimmst Du. 

Du benötigst einen Plan, wie die Reize, die Dein Gehirn triggern, reduziert und eliminiert werden. Du brauchst den Mut, Dich wieder mehr und intensiver zu bewegen. Denn Bewegung ist das Ziel und der Weg, zu mehr Zutrauen in Deine eigenen Fähigkeiten. 

Gerade wenn Du genervt und verzweifelt bist musst Du Dich an die einfachen Grundregeln halten: Mehr und vielfältige Bewegung, angepasste Ernährung inklusive einiger weniger gezielter Nahrungsergänzungen, mehr Schlaf und immer weniger Medikamente. 

Dein Chiropractor hilft Dir dabei diesen Weg zu finden, zu gehen und wieder auf die Beine zu kommen.

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