Kinder darauf vorzubereiten interessante Probleme zu lösen sollte die Aufgabe des Bildungssystems sein. Zumindest nach Erkenntnis und Auskunft von Seth Godin.

Seine Beschreibung was ein interessantes Problem ist hat mir geholfen zu verstehen warum der Übergang vom Studenten der Chiropractic zum Chiropractor recht schwer viel.

Gehorsam

Denn unser Bildungssystem, inklusive des Colleges bzw. der Uni, schult eine Fähigkeit; Gehorsam. Man lernt um ‚durchzukommen‘ am besten das aufzuschreiben was die Lehrerin vor ein paar Wochen zu diesem Thema gesagt hat. Wenn die Note richtig gut werden soll, dann muss ich erraten können was der Lehrerin durch den Kopf geht, bzw. wie sie die Antworten am liebsten formuliert haben will.

Wenn das klappt sind Spitzennoten garantiert.

Das letzte Examen

Schon der letzte schriftliche Test nach 5 Jahren am Anglo-European College of Chiropractic gab einen Vorgeschmack auf die Realität die dann folgen sollte. Für ein Fach das ‚General Diagnosis‘ hieß gab es 2 Fälle zu bearbeiten.

Statt mit dem schönen und sicheren Gefühl die Anforderungen der Uni befriedigt zu haben und damit zu einem kleinen Partymarathon überzugehen, standen alle eher kopfschüttelnd und in die Gegend starrend auf dem Parkplatz des AECC. Was war passiert?

Wir waren alle sehr verunsichert. Es gab nämlich für die präsentierten Fälle keine klaren und eindeutig richtigen Antworten. Auch nicht für die Studenten die ständig hervorragend vorbereitet in die Examen gegangen sind.

Aber das hatten wir gelernt! Frage. Antwort. Richtig oder falsch. Bestanden oder nicht.

Diese Art von Examen ist aber in diesem Format die einzig richtige Variante um junge Menschen an die Anforderungen des Alltags zu gewöhnen. Nach 18 Jahren im Bildungssystem vielleicht etwas spät um den Stil zu wechseln. Aber interessant war es allemal…

Der ‚echte‘ Patient

Und dann dämmerte es mir langsam; die Menschen die zu mir in die Praxis kommen sind keine isolierten Beschwerdebilder sondern ganze, wunderbar komplizierte und komplexe Menschen. Nicht nur ich habe hier keine Richtlinien-konformen, von Expertenkommissionen abgesicherte Antworten mit Erfolgsgarantie. Niemand hat diese Antwort. Bzw. es gibt ganz viele Antworten.

Denn nicht nur der Patient ist ‚echt‘. Auch der Behandler. Und die absolut einzigartige, nicht kopierbare Interaktion dieser beiden komplexen Individuen ergibt den Lösungsansatz für das präsentierte Problem. Und dieser Plan kann sehr unterschiedlich ausfallen und trotzdem zum Ziel führen.

Daher ist jeder Mensch in unserer Praxis ein interessantes Problem im positivsten Sinne. Herauszufinden was eigentlich das Problem ist, macht es schon spannend. Dann einen gangbaren Weg zu finden eine Lösung umzusetzen und diesen Weg nach den Gegebenheiten des jeweiligen Verlaufs anzupassen ist die Kunst die mir heute Spaß bereitet und früher sehr verunsichert hat.

Zu wissen dass niemand alleine alle Antworten hat ist die für den Behandler und für den Patienten wichtigste und gesündeste Erkenntnis.

Ich freue mic darauf Sie in meiner Praxis begrüßen zu dürfen und mich mit Ihrem interessanten Problem zu beschäftigen.